- vor 1 Jahr
#40
Ich glaub ich erkläre es mal ganz langsam: Niemand hat die Absicht, die Karosserie unte Strom zu setzen!
Und vorsichtshalber: Die nachfolgenden Erklärungen sind nicht allgemeingültig, es gibt immer irgendwelche Ausnahmen und schon gar nicht darf man sie als Anleitung verstehen. Das Schlimmste auf dieser Welt sind Menschen mit gefährlichem Halbwissen und zu viel Selbstvertrauen!
Also: Ein typischer, preiswerter Wechselrichter, ohne Netzvorrangschaltung und eingebauten FI, hat üblicherweise (ich habe noch nie was anderes gesehen, kann es aber nicht ausschließen!) eine galvanisch getrennte 230V Steckdose am Ausgang (manchmal auch 2 Steckdosen, das ist dann aber schon bedenklich). Es gibt also 2 Leiter, mit N und L bezeichnet und sinusförmigen 230V Effektivwert (Spitzenwert 325V!). Einen Schutzleiter gibt es nicht, man hat ein sogenanntes IT-System (französisch Isolé Terre) ohne galvanische Verbindung zwischen aktiven Leitern und geerdeten Teilen. Streng genommen dürfte man daran auch nur Geräte der Schutzklasse II (Schutz durch doppelte oder verstärkte Isolierung) betreiben, das sind Geräte ohne Schutzleiteranschluss, also mit dem flachen Eurostecker oder Konturenstecker. Geräte mit Schutzleiter sind üblicherweise darauf ausgelegt, auch mit angeschlossenem Schutzleiter betrieben zu werden!
Ohne zusätzliche Maßnahmen kann man in einem IT Netz EIN Gerät "sicher" betreiben. Falls eine Person mit einem Leiter in Kontakt kommt, passiert noch nichts. Auch wenn sie andere leitfähige Teile berührt. Sie darf nur nicht auch noch an den anderen Leiter geraten.
Jetzt wird es leider etwas unübersichtlicher, aber wenn mehrere Geräte in einem IT Netz hängen, könnte es im Fehlerfall zu Berührungen unterschiedlicher Leiter durch eine Person kommen. Daher braucht es zusätzliche, "geeignete" Maßnahmen, um das zu verhindern. Im IT Netz ist das üblicherweise ein Isolationswächter. Er prüft ständig, ob der Isolationswiderstand der beiden Leiter zu den berührbaren, leitfähigen Teilen (Karosserie, Waschbecken, etc.) in Ordnung ist und warnt, wenn der Isolationswiderstand eines Leiters zu den berührbaren Teilen nicht mehr ausreicht oder es gar einen direkten Kontakt gibt. Dieser Fehler muss dann unverzüglich behoben werden.
Leider sind Isolationswächter nicht gerade preiswerte Bauteile und es gibt auch noch ein paar Besonderheiten zu beachten, ich würde dieses Vorgehen nicht wirklich empfehlen!
Üblicherweise wird man in Fahrzeugen daher ein TN-S-System (französisch terre neutre séparé = "separate neutrale Erde") aufbauen, indem sofort nach der "Ersatzstromquelle" (=der Wechselrichter) an einer Stelle der Neutralleiter mit dem Schutzleiter (Protective Earth, PE) verbunden wird. Man könnte auch sagen, dass man sich einen Schutzleiter "baut". Dieser wird dann mit allen leitfähigen, berührbaren Teilen verbunden. Dann kommt der FI der ins Spiel. Er überwacht den Stromfluss über die Schutzerde. Wenn dort mehr Strom fließt als erlaubt (die typischen 30mA), weil z.B. eine Person einen Leiter und den Schutzleiter berührt, schaltet er sofort aus, hoffentlich, bevor ernste Verletzungen passiert sind.
Und abschließend: Der FI kann prinzipbedingt nicht verhindern, dass Personen sowohl N als auch L gleichzeitig berühren. Dann fleißt der Strom durch den Körper wie durch einen legitimen Verbraucher. Das kann man nur durch mechanischen Berührungsschutz verhindern.