Für alle Nicht-Elektrotechniker:
Ich möchte die Aussagen von Manfred nicht unkommentiert stehen lassen. Es wird aber in den kommenden Zeilen ziemlich technisch. Wer sich das nicht antun möchte, möge bitte einfach weiter nach unten scrollen bis zum fettgeschriebenen. Dort ist die Quintessenz für die Praxis nochmal zusammengefasst, allerdings ohne Begründung. (Die Begründung habe ich in einem früheren Beitrag schon geschrieben und wurde in mehreren weiteren Beitträgen von Lukas und mir vertieft.)
Lieber Manfred
@Mobildomizil,
ich habe wie Lukas auch den Eindruck, dass Dein elektrotechnisches Wissen nicht genügend in die Tiefe geht (Lukas hat es nur etwas drastischer formuliert ;-)
Lukas hat ja schon geschrieben, was er beruflich macht. Ich bin auch Elektroingenieur und habe unter anderem ca. 10 Jahre als VEFK (Verantwortliche Elektrofachkraft) in der Industrie gearbeitet - mit allen Fortbildungen, die hierfür notwendig und sinnvoll sind. (Es ist normalerweise nicht meine Art, meine Ausbildung und Erfahrung herauszustellen, aber Du sollst eben wissen, dass Dir hier zwei Fachleute gegenübertreten).
Und hier meine Anmerkungen zu einigen Deiner Aussagen. (Manche, zu denen Lukas schon etwas geschrieben hat, habe ich ausgelassen.)
Mobildomizil hat geschrieben: ↑vor 1 Jahr- Das von dir beschriebene IT-Netz (Schutztrennung) ist von sich aus sicher, jedenfalls sicherer als 90% der Hausinstallationen
Schutztrennung ist etwas anderes als IT-Netz. IT-Netz ist eine Netzform, Schutztrennung ist eine Schutzmaßnahme. Das IT-Netz benötigt eine Isolationsüberwachung, die Schutztrennung nicht.
Detailliertere Erläuterung spare ich mir hier, sonst werde ich heute Abend nicht mehr fertig mit diesem Beitrag und Andolini steigt mir aufs Dach, weil der Speicherplatz auf seinem Server voll ist
Verwende Fachbegriffe bitte nur, wenn Du genau weißt, wovon Du sprichst.
Mobildomizil hat geschrieben: ↑vor 1 Jahr- Natürlich hat auch das IT-System einen Schutzleiter (grün/gelb), der alle Gehäuse elektrisch verbindet und so auch vor dem absurd unwahrscheinlichen Doppelfehler schützt. Was es nicht gibt, ist ein Neutralleiter. Dieser liesse sich nur durch eine normgerechte Erdung herstellen, das ist im Fahrzeug unmöglich.
So absurd unwahrscheinich ist dieser Doppelfehler gar nicht. Dazu hat Lukas schon was geschrieben. Sonst würde in den VDE-Normen auch dieser Doppelfehler keine Beachtung finden. Die VDE-Normen sind nämlich nicht aus dem hohlen Bauch heraus entstanden, sondern das Ergebnis von tatsächlich stattgefundenen Unfällen, die zukünftig vermieden werden sollen.
Der Neutralleiter wird dadurch zum Neutralleiter, dass er keine nennenswerte Spannung gegenüber der Umgebung führt (Erde und alle leitfähigen Teile; im Fahrzeug eben nur die leitfähigen Teile, also die Karosserie, weil es keine Erde gibt).
Mobildomizil hat geschrieben: ↑vor 1 Jahr- Durch Verbindung eines Aussenleiters mit PE legst du Potential auf Schutzleiter und Karosserie. Das bedeutet: wird der andere Aussenleiter berührt, bekommt man einen Schlag. Es gibt keinen Fehlerschutz mehr. Dieser Schlag wird in üblichen (aber nicht allen) Fällen den verbastelten RCD auslösen, was hoffentlich die Folgen mindert.
Potential ist eine Spannungsdifferenz zu einem Bezugspunkt. Der Bezugspunkt ist in diesem Fall die Fahrzeug-Karosserie und die damit elektrisch verbundenen Schutzleiter. Nach Deiner Aussage hätte der Schutzleiter ein Potential gegenüber sich selbst. (Ich ahne, was Du damit sagen wolltest. Aber so, wie Du es schreibst, ergibt es keinen Sinn. Bitte Fachbetriffe nur verwenden, wenn Du Dir über deren Bedeutung sicher bist.)
Ja, es ist richtig, wenn man den nicht mit Masse verbundenen Außenleiter berührt, bekommt man eine gewischt. Der FI-Schalter schaltet schnell genug ab, so dass ein tödlicher Stromunfall vermieden wird. Es ist auch richtig, dass bei Schutztrennung dieser Fall nicht eintritt. Die Schutztrennung ist aber aus Gründen, die Lukas schon beschrieben hat, nicht möglich bei einem fest verlegten 230 V-Netz im Fahrzeug.
Das direkte Berühren eines spannungführenden Leiters ist relativ unwahrscheinlich. Viel wahrscheinlicher ist das indirekte Berühren. Das bedeutet, dass ein berührbares (nicht aktives) Metallteil durch einen Fehler unter Spannung gesetzt wird. In diesem Fall schaltet der FI sofort ab, lange bevor überhaupt jemand dieses Teil berührt.
Mobildomizil hat geschrieben: ↑vor 1 Jahr- Es gibt wirklich keine Möglichkeit, im Inselnetz sinnvoll einen RCD unterzubringen. Die vorgeschlagene Nutzung als Billig-Isoüberwachung funktioniert nicht und ist lebensgefährlich.
Bitte nenne eine Konstellation, in der der FI nicht funktioniert und wir können darüber diskutieren.
Mobildomizil hat geschrieben: ↑vor 1 Jahr- Wenn man sparen will, kann man einen der billigen Steckdosentester als Isoüberwachung nehmen: nur die mittlere LED darf leuchten. Oder man überprüft die Anlage gelegentlich mit einem Isolationstester, zB parallel zur Gasprüfung.
Das ist doch wohl nicht Dein Ernst? Gas riecht man im Zweifelsfall, Strom nicht (oder erst, wenn es zu spät ist). Eine elektirsche Anlage muss von sich aus sicher sein oder sich selbst überwachen. Die Sicherheit nur durch regelmäßige aktive Überwachung ist aus gutem Grund nur dort zugelassen, wo ausschließlich Fachleute mit der Anlage in Berührung kommen können. Ist hier wohl eher nicht der Fall.
Mobildomizil hat geschrieben: ↑vor 1 JahrHinter einem Wechselrichter ist das aber der komplett falsche Ansatz. Da muss man vom IT-Netz her denken. Ein Ändern der Netzform in ein T-Irgendwas-Netz durch Erden eines Aussenleiters ist sicherheitstechnisch widersinnig und unnötig komplex
Das ist überhaupt nicht komplex. Man benötigt eine Brücke zwischen einem Außenleiter (der dadruch zum N wird) und dem Schutzleiter, der wiederum mit der Karosserie leitend verbunden ist. Hinter dieser Brücke kommt ein FI. Das ist alles.
Ein IT-Netz kannst Du natürlich auch installieren, benötigst aber eine Isolationsüberwachung, die wesentlich teurer ist als ein FI-Schalter. Die Isolationsüberwachung muss regelmäßig gewartet werden. Das ist weitaus aufwändiger, als beim FI-Schalter den Testknopf zu betätigen
Nicht ohne Grund wird das IT-Netz ausschließlich in Bereichen verwendet, die ausfallsicher sein müssen (z. B. Kraftwerksteuerungen oder Operationssääle).
Mobildomizil hat geschrieben: ↑vor 1 JahrIm Womo ist es aber schlichtweg technisch nicht möglich, eine normgerechte Erdung zu erstellen.
Zum Begriff der Erdung hat Lukas ja schon genügend geschrieben, denke ich. Normgerecht ist tatsächlich schwierig, weil es für den Fall "Wechselrichter im Wohnmobil" keine Norm gibt. Es gibt Normen für die Elektroinstallation in anderen Fahrzeugarten als Wohnmobile, in denen der Aufbau eines lokalen TN-Netzes mit RCD beschrieben ist. Für Wohnmoblie gilt die VDE 0100 Teil 721. Dort ist aber nur die Einspeisung vom Land her beschrieben, aber nicht die Eigenerzeugung von 230 V durch einen Wechselrichter. Wenn man das im Wohnmobil machen möchte, muss man eben die vorhandenen Normen sinngemäß auslegen und braucht elektrotechnisches Hintergrundwissen. Das Ergebnis dieser Überlegungen ist unten im fettgeschriebenen Teil dargestellt.
Mobildomizil hat geschrieben: ↑vor 1 JahrEin einzelner Isolationsfehler, ob schlafend oder nicht, führt in diesem Fall zu einem elektrischen Schlag, wenn man da hinfasst.
Tut er nicht, weil vorher der FI schon längst ausgelöst hat.
Mobildomizil hat geschrieben: ↑vor 1 JahrDaher ist eine solche Verbindung unzulässig und gefährlich.
Weder das eine noch das andere. Begründe bitte Deine Aussagen, dann können wir darüber diskutieren.
Mobildomizil hat geschrieben: ↑vor 1 JahrEin RCD schützt auch nur eingeschränkt, da er den Strom nicht begrenzt, sondern nur die Zeit, und der Strom innerhalb der Abschaltzeit beliebig hoch werden kann. Aus diesem Grund sind RCD auch zum Fehlerschutz weder geeignet noch zugelassen.
Sie sind als sogenannter "zusätzlicher Schutz" sehr wohl zum Fehlerschutz zugelassen. (Nebenbei bemerkt: Im TT-Netz, das hier nicht in Betracht kommt, sind sie zum Fehlerschutz sogar ausdrücklich vorgeschrieben.) Weil ein Wechselrichter in der Leistungsklasse, um die es hier geht, keinen so hohen Strom liefern kann, der den magnetischen Auslöser eines Leitungsschutzschalters zum Auslösen bringt, aber gleichzeitig auch keinen so hohen Strom liefern kann, der das Schaltvermögen eines RCD übersteigt, ist der RCD das Mittel der Wahl zum Fehlerschutz. Zum Thema "normgerecht" siehe meine Anmerkungen drei Abschnitte weiter oben.
Mobildomizil hat geschrieben: ↑vor 1 JahrPraxistipp: WR mit Schutztrennung einfach so verwenden, wie sie aus dem Laden kommen.
Kann man machen, aber nur, wenn in die Steckdose des Wechselrichters nur ein Gerät eingesteckt wird, dessen Zuleitung immer im Blickfeld ist. Für eine feste Installation der 230 V-Leitung(en) ungeeignet aus Gründen, die Lukas schon erläutert hat.
Mobildomizil hat geschrieben: ↑vor 1 JahrMachen eh fast alle.
Das ist ja mal ein schlagkräftiges Argument.
Mobildomizil hat geschrieben: ↑vor 1 JahrKein windiges Gebastel mit "Erdungsbrücken" aus irgendwelchen Internetquellen. Solche gibt es mehrere, allerdings habe ich noch keine seriösen gefunden.
Die Firma Victron, der Du bestimmt nicht die Seriosität absprechen möchtest, macht bei allen Multiplus-Geräten genau das, was ich beschrieben habe: Wenn der Wechselrichter im Inselbetrieb läuft (also kein Landstromkabel eingesteckt ist), wird automatisch eine Brücke zwischen N und PE geschaltet.
Kurze Zusammenfassung für Nicht-Elektrotechniker:
Ein Wechselrichter kann ohne weitere Schutzmaßnahme im Wohnmobil betrieben werden, wenn
- an dessen Steckdose nur ein Gerät angeschlossen wird
- die Zuleitung dieses Gerätes im Sichtfeld ist (und nicht z. B. irgendwo hinter Möbeln eingeklemmt wird)
- selbstverständlich ein Gerät oder eine Leitung mit sichtbaren Schäden sofort außer Betrieb genommen wird.
Für eine Festinstallation der 230 V-Leitungen kann so vorgegangen werden:
- Verbindung der Schutzleiter-Sammelschiene dieses Systems mit der Fahrzeugkarosserie mit grün-gelbem Draht mit mindestens 4 mm²
- Verbindung eines der beiden Außenleiter des Wechselrichter-Ausgangs mit dem Schutzleiter (falls das nicht schon im Wechselrichter intern geschieht, siehe dessen Bedienungsanleitung)
- Hinter dieser N-PE-Verbindung wird ein RCD (FI-Schutzschalter) installiert. Normalerweise darf hierfür ein preiswerter Typ A verwendet werden. Typ B ist nur dann notwendig, wenn der Wechselrichter-Hersteller das vorschreibt.
- Beim FI wird regelmäßig (wöchentlich bzw. vor jeder Benutzung des Wechselrichters) die Prüftaste betätigt
Man kann auch, wenn man will, ein isoliertes Netz betreiben (also keine Brücke zwischen N und PE), braucht dann aber zwingend eine Isolationsüberwachung. Die ist wesentlich teuerer als ein FI und muss regelmäßig von einer Fachkraft überprüft werden.
Gruß
Matthias