Forum für Camper-Selbstausbauer!

Für angedachte, geplante, halbfertige und fertige Wohnmobilausbauten.

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#1
Wie hier versprochen, möchte ich meine Erkenntnisse rund um mein aktuelles Bastelprojekt teilen: den Einbau einer kleinen Split-Klimaanlage chinesischer Herkunft. Diese hat im Gegensatz zu den üblichen Campinganlagen ab Werk einen DC-Kompressor und damit ohne großen Wechselrichter direkt von der Batterie laufen.

1. Konzept
Wie im anderen Beitrag bereits beschrieben, bin ich kein Freund einer Dachklimaanlage. Eine Staukastenanlage ist ebenfalls komplett unrealistisch in einem L2-Sprinter - es gibt einfach keinen freien Bodenplatz mit der Möglichkeit eines Durchbruchs für die Abluft. Bleibt eine Split-Anlage, bei der ein Innengerät mit Kältemittelschläuchen mit dem Kompressor und dem Außengerät verbunden sind. Daher habe ich beim Layout von Anfang an den Platz über meiner Kühl-Gefrier-Kombi für das Innengerät einer Split-Anlage frei gehalten, zumal dieser Platz strategisch günstig in der Mitte des Fahrzeugs liegt und eine zugluftarme Luftverteilung verspricht. Weniger klar war hingegen, wo das Außengerät, genauer der Kompressor und der Kondensator ihren Platz finden. Lange habe ich mit einer Befestigung an einer der Hecktüren geliebäugelt. Das wäre aber keineswegs trivial geworden, da ich in den Türen die Serienfenster habe und den freien Durchblick durchs gesamte Auto sehr mag. Nach reiflicher Überlegung musste schließlich meine serienmäßige Unterflur-Luftstandheizung ihren Platz räumen, die ich aufgrund der ebenfalls vorhandenen und deutlich angenehmeren Wasserheizung im tatsächlichen Reisebetrieb noch nie benutzt habe. Falls also jemand an einer original Eberspächer-Heizung für den Sprinter mit komplettem Gehäuse und komplett im Fahrzeug integrierten Sprinter-Steuergerät etc. Interesse hat...

2. Mechanik
Glücklicherweise hing die durchaus massive Heizungskiste an robusten und am Bodenblech verschweißten Trägern, die sich natürlich auch ideal zur Montage von Kompressor und Verflüssiger anbieten. Die ebenfalls vorhandenen Fußbodendurchbrüche für Heiz- und Ansaugluft waren sehr willkommen, um Kabel und Kälteschläuche einfach nach draußen zu bekommen. Um die Geräuschkulisse zu minimieren, sollte der Kompressor auf einer möglichst steifen Konsole mit weichen Gummielementen gelagert werden. Gummiblöcke waren im Lieferumfang - die Konsole war jedoch eine schöne Gelegenheit, das WIG-Schweißgerät mal wieder aus der Ecke zu holen. Nach kaum 20 Stunden Arbeitszeit sah die Sache dann so aus:

Ausgangszustand:
IMG_20230720_174151823.jpg

Neuer Arbeitsplatz für Kompressor und Kondensator:
IMG_20230727_171217855.jpg

So in etwa solls aussehen:
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3. Schläuche
Gemäß Murphies law waren die originalen Schläuche passgenau zu kurz. Die Schläuche sind kein Hexenwerk, Hansa-Flex weiß Rat. Leider haben sie keine passenden Fittings auf Lager. In Deutschland scheint sowas für Normalsterbliche nahezu nicht erhältlich zu sein, und für eine China-Bestellung fehlt mir natürlich die Geduld. Daher werden die originalen Schläuche mit der Flex und chirurgischer Präzision so zerlegt, dass sich die originalen Fittings mit neuen Presshülsen wiederverwenden lassen. HansaFlex hat sie dann mit neuen Hülsen und Schläuchen in der korrekten Länge wieder zusammengepresst. Wie ich höre, ist das Thema Wohnmobil-Selbstausbau dort auch nicht unbekannt, daher hier nochmal Grüße und besten Dank, hat perfekt gepasst :-) !

3. Elektrik
Der Kompressor - ein bürstenloser Scroll-Verdichter - wie auch der Lüfter werden von einer Art Drehzahlregler angesteuert. Das Ding ist wohl für draußen gedacht, allerdings traue ich der Sache nicht ganz. Neben dem Kühlschrank sollte genug Konvektion für die Kühlung herrschen. Und wenn nicht, werde ich mit einem kleinen Lüfter nachhelfen. Angenehm: An dieser Stelle sind es nur 50cm bis zur Hauptsicherung der Batterie. Die dicken Kabel werden also schön kurz. Zum Innengerät geht nur ein dünner vieradriger Kabelbaum (24V und zwei Signale TX und XH). Die beiden Signalleitungen wecken meine Neugier - hat hier jemand zufälligerweise schon mal mit sowas herumgespielt?

Der BLDC-Drehzahlregler / Inverter für den Kompressor und Lüfter:
IMG_20230728_225238703.jpg

Das Innengerät - wer hat das nur so schief eingebaut und vor allem warum? :D
IMG_20230728_225336508.jpg

Eine kurze Dichtheitsprobe mit Argon (Stickstoff bzw. Formiergas ist grad aus...) und 6bar Druck macht Mut. Also gleich mal Vakuum gezogen, um den ganzen Kram mal von innen wieder zu trocknen. Lag ja doch ein paar Tage offen rum und wir wollen ja keinen Rost und Gammel im Kompressor.


Jetzt kann das Bier entkorkt werden:
IMG_20230728_225416423.jpg

Fortsetzung folgt...
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#2
Ist ein hochinteressanter Platz für eine Klimaanlage! :astonished: :thumbsup: Gut gemacht!
Würde bei uns nicht funktionieren, da an der Stelle der Abwassertank sitzt.
Wie schätzt die die Lebensdauer der KLima ein, weil sie ja doch schon extrem exponiert da draußen sitzt (grad auch der Lüfter)?
#3
Sonnyboy hat geschrieben: vor 8 MonateWürde bei uns nicht funktionieren, da an der Stelle der Abwassertank sitzt.
Extra deswegen hab ich mir die Schmerzen angetan, den Abwassertank unter die Trittstufe zu packen :-) . Nein im Ernst, da die Küche bei mir rechts ist, bot sich das auch an. Außerdem ließ sich die Trittstufe hervorragend und ohne allzu viele Ecken für eine verdeckte Durchführung des Grauwasserrohres nutzen (Schottverschraubung).
Sonnyboy hat geschrieben: vor 8 MonateWie schätzt die die Lebensdauer der KLima ein, weil sie ja doch schon extrem exponiert da draußen sitzt (grad auch der Lüfter)?
Das muss sich in der Tat zeigen. Ich denke, ich werde den Lüfter bei Nichtgebrauch abdecken. Zum Schutz vor Steinschlag von vorn gitbs auf jeden Fall noch eine Prallplatte, die ich gegen die Konsole schrauben werde. Was mich optimistisch stimmt: es gibt zahlreiche Fahrzeuge, die in dieser Position oder sogar an noch schlechterer einen Ölkühler oder ähnliches haben (z.B Vario mit Automatik).

Aktueller Stand: habe letztes Wocheende nach dem Evakuieren nochmal 7.00 bar Argon aufgefüllt. Heute gemessen: 6.98 bar - ok, ist zwei drei Grad kälter geworden. Hat der kleine Chinamann wohl ordentlich gelötet und der Hansaflex gute Schläuche gebaut. Argon-Atome (Edelgas!) dürften erheblich kleiner sien als Kältemittel-Moleküle, insofern schon mal gute Voraussetzungen. Ob mein guter Freund Klaus (ja, der mit dem Klimaschein) sich für die Dichtheitsprobe auch soviel Zeit genommen hätte? :)

Wenn die noch ausstehende kleine Ausbeulaktion an der linken Seitenwand am Freitag ohne kompletten Abbau der Anlage machbar ist, kommt am Wochenende das Kältemittel drauf und es gibt einen ersten Testlauf.
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#5
Holger mich hat es jetzt gepackt.. ich find das Ding so geil vor allem der getrennte Aufbau macht sowas von Sinn. Man spart sich direkt die Abfuhr der Warmluft durch ein Fenstereinsatz oder sonstigem.

Kannst du generell was zur Leistungsaufnahme sagen und vor allem zum Geräuschpegel innen wie außen? Welche Abmessung hat der Wärmetauscher innen?

Generell ein Herstellerlink oder Bezugsquelle wäre hilfreich.

Bzgl. der Signalleitungen könnte es eine einfach Serielle Schnittstelle sein. Müsste man mal messen.

Gruß Rico
#6
@Rico_KN Der Kompressor ist mit 850W spezifiziert. Im Gegensatz zu den üblichen AC-Kompressoren ist er jedoch in der Drehzahl regelbar. Die große Frage ist, wie weit man mit der Leistung runter kann - schön wäre es, auf Ein/Aus-Takten komplett verzichten zu können. Bei einer angenommenen Leistungszahl von 2 wären das wohl bei 200..300W der Fall (nachts). Am Tage in der prallen Sonne würde ich erwarten, dass die Anlage sich auch bei Vollast schwer tut, einen nicht verdunkelten Kasten wirklich herunterzukühlen, da die normale Fahrzeug-Klima sicher gut das Doppelte an Kühlleistung bringt.

Auf den Geräuschpegel bin ich ebenfalls sehr gespannt. Es ist aber ein Scroll-Verdichter, keine Hubkolben-Rappelkiste. Mein ID.4 hat einen sehr ählichen Klimakompressor verbaut - der ist geräuschmäßig recht verträglich. Die Inneneinheit hatte ich schon mal im Probebetrieb, Lüfter ist ok, wenn auch leicht unwuchtig - hab sie sicherheitshalber auf Gummiblöcke montiert. Der Außenlüfter könnte lärmtechnisch noch eine Baustelle werden - bei vollen 24V und 120W Leistungsdurchsatz übertönt er meinen Industriesauger (naja, nicht ganz). Bei 12V und 30W - das macht schon mehr Sinn - fürs Erste akzeptabel. Wieviel Wind es wirklich braucht, wird die Praxsis zeigen. Große offene Frage: regelt der Controller den Lüfter oder schaltet er ihn nur an und aus. Wenn letzteres, werde ich mir selbst eine Temperaturregelung in Abhängigkeit von der Verflüssiger-Termperatur bauen.

Zur Schnittstelle: nein, ist wohl keine serielle Schnittstelle. Nach etwas Herumsuchen sieht es eher nach einer einfachen Spannungsschnittstelle zur Leistungssteuerung des Kompressors und nach einem Fernanschluss für einen Temperatursensor aus. Wird noch genauer analysiert :-)

Der Hersteller der Anlage ist absolut unklar. Keine Komponente hat irgendwelche aufschlussreichen Beschriftungen. Ich denke, der Kompressor und dessen Controller fällt bei irgendeinem Auto-Zulieferer vom Band (wohl für E-Autos). Das Innengerät und dessen Steuerung sehen deutlich kleinserien-artiger aus. Zu kaufen gibts die Dinger wirklich überall: ausgehend von Alibaba und Taobao sickern sie durch die üblichen Lieferketten, bis zu Aliexpress, Amazon und EBay. Teilweise sogar mit deutschem Lagerbestand. Meine (Link siehe verlinkter Beitrag in #1) kam über den Otto-Marktplatz und war nach drei Tagen da.
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#7
Bei gcfix, auf Aliexpress, gibts einige dieser Anlagen, in unterschiedlichen Bauformen.
Die senden auch notwendige Infos dazu. Leider sind sie wohl nicht besonders effizient...
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Es gibt zum Einbau und den Daten ein paar Videos auf Youtube.
#8
Mal ein kurzer Zwischenstatus: Anlage ist befüllt und läuft im Prinzip - aber noch mit ganz erheblichen Schönheitsfehlern. Die Kältetechnik tut's soweit, die Druckdifferenzen sind für die Eingangsleistung nicht allzu hoch, insofern steht schon die Befürchtung im Raum, dass die Leistungszahl keine Begeisterungsstürme auslösen wird. Aber das ist bei gängigen Kompakt-Campinganlagen, wie den Truma-Dingern, auch nicht anders. Der Kompressor selbst ist recht leise. Ein paar Vibrationen kommen noch innen an, vermutlich aufgrund einer Notlösung mit dem Schlauch zwischen Kompressor und Kondensator mangels geeigneter Fittings. Da sowas in unserem hochentwickelten Industrieland beim besten Willen nicht aufzutreiben ist, ist die China-Bestellung mal wieder unterwegs...

Mit dem Innengerät hadere ich dagegen noch. Erstens gibts ein nerviges Pfeifgeräusch. Ich bin mir aktuell nicht sicher, ob ich eventuell was falsch zusammengebaut habe in der Enge des Scrhanks. Hatte das Ding schon auf dem Tisch am Labornetzteil laufen, da war es eigentlich unauffällig. Nähere Analyse folgt. Komplett unbrauchbar ist m.E. die Steuerplatine im Innengerät. Erstens crasht und rebootet sie, wenn man zu ungeduldig auf den 6 Tasten herumtippt. Zweitens schwingt der Temperaturregler aufs Übelste. Das war extrem nervig beim Befüllen, weil der Kompressor einfach nicht zum Dauerbetrieb auf hoher Stufe zu überreden war. Eine Vermutung zum Grund gibt es auch, aber hier ist noch etwas Detailforschung nötig.

Wie oben schon angedeutet, habe ich hier allerdings keine Wunder erwartet und implizit damit gerechnet, die Steuerung ohnehin selbst in die Hand zu nehmen. Daher habe ich heute ein paar kleine Vorversuche gemacht. Die XH-Leitung ist nämlich nichts weiter als ein Spannungseingang des Kompressor-Controllers, der die Leistung fest auswählt: 9.5V: kleinste Drehzahl, ca. 200W bis 19V mit ca. 750W. Der weite Leistungsbereich sollte mit etwas Gehirnschmalz eine angenehme Regelung erlauben - um Lichtjahre besser als alle teuren 230V-Campinganalagen, die nur an oder aus können. Die zweite Leitung ist nach etwas Recherche wohl ein Inhibit-Eingang, der den Kompressor bei Vereisungsgefahr des Verdampfers lahmlegt. Damit hab ich mich noch nicht weiter beschäftigt, Spannungspegel sind also noch unklar. Meine Steuereinheit wird in bewährter Weise auf Basis von ESPHome auf ESP32 entstehen (ist dann Eigenbau-ECU Nr. 4 im Sprinter), lediglich die Spannungpegelumsetzung wird etwas eigene Hardware erfordern. Fürs erste ist die Kompressorleistung auf in Poti gelegt und die Inneneinheit steuert nur noch ihren eigenen Lüfter. Aber der Winter ist lang und kommt gewiss :-)

Der Außenlüfter wird vom Controller autonom gesteuert, allerhöchstwahrscheinlich ohne irgendwelche Temperatursensorik (hab zumindest keine gefunden). Leider übertreibt es der Controller etwas, zumindest für das jetzige Wetter. Nur das oberste Drittel des Kondensators ist überhaupt nennenswert warm bei Vollgas. Hier muss also auch noch eine Veränderung her. Entweder ein "langsamerer" Lüfter oder zumindest ein Vorwiderstand. Der Lärmpegel der Außeneinheit ist daher etwa auf dem Niveau des Kühlerlüfters einens Benziner-Kleinwagens - also ca. um den Faktor 100 leiser als der Kühlerlüfter eines Ducatos :D
turboduo, chbla, Mighty007 und 2 andere gefällt dies
#9
Wie wäre es mit einem Motortreiber wie L298N zur Ansteuerung des Kompressors? Ist ziemlich simpel, einfach im Code umzusetzen, kostengünstig und zuverlässig.

Gruß Rico
#10
Rico_KN hat geschrieben: vor 8 MonateWie wäre es mit einem Motortreiber wie L298N zur Ansteuerung des Kompressors
Ist nicht nötig, dass macht der mitgelieferte Controller schon und er macht seinen Job grundsätzlich auch gut und unauffällig. Als Input braucht es nur eine Spannung im oben genannten Bereich.

Der Kompressor wird von einem 3-phasigen Brushless-DC-Motor mit Permanent-Magneten und ohne Sensoren angetrieben - das ist mit Code zu lösen, aber simpel wird der Code ganz sicher nicht. Ich hatte das Vergnügen schon :) . Das gesamte Aggregat und auch der Controller sehen aus, als wären sie bei einem Autozulieferer vom Band gefallen (Stichwort Klimaanlage für E-Autos) und ich bin von der Qualität immer noch begeistert.