ChrisChris hat geschrieben: ↑vor 2 Jahre
30fps sind weltweit Standard, nur Europa muss mal wieder ein eigenes Süppchen kochen.
Chris
Erstens, die Aussage ist grundlegend falsch. Denn es gibt weltweit Landstriche die NTSC haben, andere haben PAL und wiederum andere sogar SECAM. Mal abgesehen davon: Das TV System wurde tatsächlich zuerst in Deutschland von Ferndinand Braun in Form der Kathodenröhre entwickelt.
Zweitens: hier geht es nicht um eine Religionsfrage wie Apple oder Android; Mercedes oder BMW; Sprinter oder Sevel. Da geht es um Technologie aus grauer Vorzeit. Man sollte sich nicht so abfällig äußern wenn man die technichen Hintergründe und Geschichte, also das WIESO, nicht kennt:
Drittens: Warum wir in verschiedenen Zonen unterschiedliche Framerates haben liegt nicht an der Willkür der Entwickler und deren "Süppchen". Das liegt schlicht und einfach an den Stromnetzen, dem Zeilensprungverfahren und dem Shannon-Theorem. Das kommt aus einer Zeit als es keine Quarztaktgeber gab. Da hat man die Taktgebung zur Bildfortschaltung über die Phasenwechsel des Stromnetzes gesynct. Man hat also jedes Mal wenn man wenn man ein Bild fortschalten wollte, dies getan, wenn unser Stromnetz die Phase gewechselt hat. Dies geschah in unseren Gefilden 50x pro Sekunde - 220v bei 50Hz. Zum Sehen eines flüssigen Bildes benötigt das menschliche Gehirn !mindestens! 16 Bilder. 16 Taktwechsel waren in unserem Netz nicht möglich. Bei einem 50Hz Netz gingen nur 25, 50 oder 100 Bilder. Das nächst Höhere zu 16 waren also 25 Bilder. Nun kommt das Shannon Theorem ins Spiel welches, vereinfacht ausgedrückt, sagt, dass man immer doppelt so hoch abtasten sollte wie man es wirklich braucht - aber wirklich nur stark vereinfacht. Heisst, ich brauche theoretisch 50 bewegte Bilder. In der damaligen Zeit von Röhren Fernsehern und Schwarzweiss war es aber nicht möglich 50 Vollbilder zu übertragen. Das ging über den Ether nicht. Also hat man die Bilder in Halbbilder zerlegt und hat gerade und ungerade Halbbilder abwechselnd übertragen. Wenn man diese Halbbilder (interlaced) zu Vollbildern, wie es heute üblich ist, zusammenfügt (de-interlacing) dann kommt man bei 25 Progressiven Bildern heraus. Nennt sich 25p.
In Ländern wie z. B. USA hatte man auch damals schon keine 220V mit 50Hz, sondern 110V mit ca. 60Hz. Es ist auch nicht exakt 60Hz sondern minimal langsamer. Das wurde in den USA halt parallel so entwickelt. Auch sie hatten keine Quarztaktgeber und mussten auch über die Phasenwechsel die Bilder fortschalten. Da sich 60 nicht durch 25 teilen ließ ging das aber nicht mit 25. Deshalb sind die dann auf 60 Halbbilder gegangen was progressiv 30 Vollbilder sind, aber auch nicht genau 30 sondern 29,95fps.
Ein weiterer Nachteil zu PAL - NTSC Zeit war, dass NTSC von der Auflösung kleiner also schlechter war. Ausserdem waren sowohl Seitenverhältnis, also auch Pixelseitenverhältnis anders. In Europa mit 30fps zu arbeiten ist also keine Glaubensfrage und auch keine Frage des eigenen Geschmacks, sondern einfach falsch. Punkt. Klar kann das jeder machen wie er will. Und im Zeitalter von HD und 4k wo sich wenigstens die Pixelseitenverhältnisse, Seitenverhältnisse und die Auflösung angeglichen haben spielt das auch weniger eine Rolle. Aber es bleibt
fachlich gesehen dilletantisch. Natürlich kann mir auch keiner verbieten dass ich sage
der Auto oder
der Pfanne, aber es wird deswegen trotzdem nicht richtig, nur weil ich es kann.
Was unter Filmern ein weiterer Nachteil ist, ist dass man sich mit 30fps weiter von Kino-Look entfernt. Im Kino hatte sich mit 24 Bilder -> nach Shannon mit 48 Bildern ein System etabliert, das lange vor dem Zeilensprungverfahren für das TV entwicklelt wurde. Dort wurde das Bild in den Kameras und den Kinos von Hand "gecranked". Dieses "flüssige" was ihr bei 30fps sucht ist ein neuzeitliches Consumer-Phänomen das bei Profis verpöhnt ist, weil diese Konditionierung daher kommt, dass TV-Hersteller in den TVs einen sogenannten Kammfilter einsetzen und das 100Hz Verfahren, wo die 25 Bilder doppelt und nur halb so kurz gezeigt werden und dann intern auch ins Interlace Verfahren zurückgewandelt werden um auf eine "fake" Wiederholrate" von 100 zu kommen. Das entspricht bei einem Kinofilm wie dem neusten James Bond aber in keiner Weise dem was man in Sachen "Look" im Kino zu sehen bekommt, weil das was ihr als "ruckelig" bezeichnet der typische Film-Strobe ist, der die Hälfte der Bildcharakteristik im Kíno ausmacht. Aber da die Leute nach dem Kauf ihres TV diesen Kammfilter im Menü nicht abschalten (weil sie auch nicht wissen was das ist) sind sie nach kurzer Zeit auf dieses "ruhige" Bild konditioniert. Kamerahersteller geben sich aber bei nichts so viel Mühe, wie dabei, dem Kinolook nahe zu kommen wie nur möglich. Und die heutigen Kamera machen das mit HDR, 12Bit und 4K auch sehr gut. Die Probleme die ihr mit diesem Ruckeln habt, liegen, (so muss ich leider sagen) im Unvermögen des Filmers. Weil jemand der dies gelernt hat, der weiss dass er dies beim Filmen bedenken muss. Da muss man das Tempo der Protagonisten, Kamerabewegung und der Schwenks immer aneinander anpassen, dass das Ruckeln in der Bewegungsunschärfe verschwindet. Dann ist das Ruckeln kein Problem. Wenns ruckelt ist es unsachgemäß gefilmt, was ich in einem 100p Clip leichter verstecken kann als in ein einem 25p Clip.
Als jemand, der seit fast einen Vierteljahrhundert mit diesen Format Unterschieden beruflich zu kämpfen hat, der auch seit langem drauf drängt dass Dinge vereinheitlicht werden sollten, ist mir trotzdem klar, dass das nicht so einfach geht solange wir in unterschiedlichen Landstrichen unterschiedliche Infrastrukturen haben.
Ich wollte mit meinem Text hier niemanden abwerten, mich ärgert es nur wenn Leute nicht die ganze Info haben und sich trotzdem vorschnell äußern. Es ist auch keine Schande für dich
@ChrisChris , dass du das so "gelernt" hast, sondern zeugt eher vom Unvermögen desjenigen, der dir das so beigebracht hat. Denn falsch bleibt falsch.
Viele Grüße
Mark
PLZ 904xx, Peugeot Boxer 3, L2H2, Light Fahrwerk, Luftfahrwerk hinten, 18“ Alu-Felgen,
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