Forum für Camper-Selbstausbauer!

Für angedachte, geplante, halbfertige und fertige Wohnmobilausbauten.

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#1
Hallo zusammen,

wir sind aktuell dabei einen Ducato L3H2 (6m) zum Camper umzubauen und nach mehreren Besuchen bei verschiedenen Prüfern (verschiedener Prüforganisationen) nun reichlich verwirrt bezüglich des Themas Umschlüsselung zum WoMo.

Die Angaben der Prüfer reichten von überwiegend gar keinen genannten Problemen bzgl. Umschlüsselung bis zu "Umschlüsselung ohne weitere Maßnahmen überhaupt nicht möglich, da Fahrgeräusch zu laut". Der Grund dafür wäre, dass ein WoMo immer ein Fahrzeug der Klasse M wäre und daraus resultierend der PKW-Grenzwert von 74 dbA eingehalten werden müsse. Darüber hinaus dürften wir ein Leergewicht bei der Umschlüsselung von 2,6T nicht überschreiten.

Das hat uns stutzig gemacht und wir wissen nun, dass es verschiedene Möglichkeiten der Umschlüsselung gibt. Entweder in die nationale Typklasse "So.KFZ Wohnmobil über 2.8T" oder in die europäische Klasse "M1 SA" (lt. Wissensdatenbank viewtopic.php?f=100&t=530). Auch nach Recherche in den verwandten Threads verstehen wir noch nicht ganz welche Optionen der Umschlüsselung für uns bestehen und welche Regulatorien wir einhalten müssten (Bezugsmasse etc.)

Unser Ducato, EZ. 08/2019 hat ein eingetragenes Fahrgeräusch von 77 dbA und den N1 (LKW) Euro 6b Emissionsschlüssel 36Y0, geprüft nach NEFZ. Nun unser aktuelles Verständnis:
  • Bzgl. Umschlüsselung nach "M1 SA" ist also einem Prüfer unser Fahrgeräusch zu laut und somit ist eine Umschlüsselung nicht direkt möglich. Ist das korrekt? Sind jemanden evtl. Möglichkeiten zur Reduktion dieser Fahrgeräusche mit entsprechendem Gutachten bekannt (Zusatzschalldämpfer, Motordämmung etc.)? Der Van wird ja schließlich auch als Fensterbus gebaut, also muss es werksseitig eine Möglichkeit der Geräuschsreduktion geben? Die Auflage, eine Bezugsmasse von 2,6T einzuhalten macht uns weiterhin stutzig. Die hier im Forum vorherrschende Meinung scheint zu sein, dass, sofern nicht nach WLTP geprüft wurde, keine Bezugsmasse beachtet werden muss. Falls dem so ist, warum? Vom ADAC gibt es auch eine Liste mit NEFZ Emissionsschlüsselnummern ([Externer Link für Gäste nicht sichtbar]) und dort sind ebenfalls Bezugsmassen erwähnt.
  • Die anderen Prüfer scheinten sich nicht für solche Auflagen zu interessieren. Wir folgern daraus, dass diese nach 21, 0500, So.KFZ WoMo über 2,8T umschlüsseln würden. Ist hier dann der Schallpegel irrelevant, da die Fahrzeugart N1 bleibt? Müssen wir zum Zeitpunkt der Umtragung dann über 2,8T wiegen oder bezieht sich dies auf zulässige Gesamtmasse?
Wir hoffen, ihr könnt uns helfen, die Unklarheiten zu beseitigen. Vermutlich ist es sowieso der leichtere Weg nach "So.KFZ" umzuschlüsseln, sofern möglich. Falls jemand empfehlenswerte Prüfstellen mit der Fähigkeit WoMo's abzunehmen in der Umgebung Mainz/Wiesbaden kennt, sind wir außerdem dankbar für Tipps. Vorallem bezüglich unseres Reikon Gurtbocks zieren sich die bereits aufgesuchten leider alle sehr :innocent: . Wir versuchen außerdem, Hessen zu vermeiden, um evtl. auftretenden Problemen mit der Bündelungsbehörde aus dem Weg zu gehen.

Liebe Grüße
Patrick
#2
Es ist falsch, dass ein M1 immer ein "PKW" ist! Ein M1 SA ist ein Womo.
Und da liegt der UNterschied. Denn bei der Umschlüsselung eines N1 zu einem M1 SA sind (bei mehr als 2,5t zGm), die Vorschriften des Basisfahrzeugs anwendbar.
Im hier schon oft zitierten Merkblatt 740 des VdTÜV heist es dazu:
"Im Rahmen der europäischen Vorschriften sind für Wohnmobile mit einer zulässigen Gesamtmasse
(zGM) größer 2,5 t bei vielen Rechtsakten die Vorschriften des Basisfahrzeugs
(Klasse N) anwendbar, z. B. das Abgasverhalten, die Geräuschentwicklung und die indirekte
Sicht. Im Zweifelsfall ist direkt in den entsprechenden Vorschriften zu recherchieren."
Wenn dein Prüfer also die "PKW-Schallemmissionen" fordert, hat er schlichtweg keine Ahnung!
Rico_KN, twoandahalfvan, Wishbone und 2 andere gefällt dies
#4
@Knox Wow. Vielen, vielen Dank für Deine mega fundierte Antwort und dann auch noch so schnell! Und vielen Dank für das Raussuchen der entsprechenden Richtlinien. Ich habe gerade den Prüfer darauf verwiesen und er schaut sich das noch einmal an. Vorallem bringt es uns aber Klarheit, die Aussage zum Fahrgeräusch hatte uns schon sehr verunsichert.

Findet sich evtl. jemand, der das entsprechende Merkblatt oder einen entsprechenden Ausschnitt aus diesem mit uns teilen würde?

Bleibt noch die Frage für uns, ob wir zunächst den Minimalumbau forcieren sollten/müssen, um die genannte Bezugsmasse einzuhalten vor der Umschlüsselung. Gilt diese auch bei NEFZ-geprüften Fahrzeugen? Falls ja, wäre bei Überschreitung der Bezugsmasse dennoch eine Umschlüsselung in die nationale Typklasse möglich?
#5
Bonnie Parker hat geschrieben: vor 1 JahrBleibt noch die Frage für uns, ob wir zunächst den Minimalumbau forcieren sollten/müssen, um die genannte Bezugsmasse einzuhalten vor der Umschlüsselung. Gilt diese auch bei NEFZ-geprüften Fahrzeugen? Falls ja, wäre bei Überschreitung der Bezugsmasse dennoch eine Umschlüsselung in die nationale Typklasse möglich?
Das mit der Bezugsmasse gilt wohl bei allen bei Euro 5 und Euro 6 Fahrzeugen. Denn deren Abgasverhalten ist in EG 715/2007 geregelt. Und in Artikel 2 steht:
"Anwendungsbereich

(1) Diese Verordnung gilt für Fahrzeuge der Klassen M 1 , M 2 ,
N1 und N 2 im Sinne des Anhangs II der Richtlinie 70/156/EWG
mit einer Bezugsmasse von bis zu 2 610 kg.

(2) Auf Antrag des Herstellers kann die nach dieser Verord-
nung erteilte Typgenehmigung für Fahrzeuge nach Absatz 1 auf
Fahrzeuge der Klassen M 1 , M 2 , N 1 und N 2 im Sinne des
Anhangs II der Richtlinie 70/156/EWG erweitert werden, deren
Bezugsmasse 2 840 kg nicht übersteigt und die den Bedingun-
gen dieser Verordnung und ihrer Durchführungsmaßnahmen
entsprechen."

[Externer Link für Gäste nicht sichtbar]

Du solltest also klären, ob für dein Basisfahrzeug eine Erweiterung auf Bezugsmasse bis 2840 kg beantragt wurde.

Und dann versuchen, die entsprechende Bezugsmasse einzuhalten.
#6
PS: es wäre interessant, wie das Womo-Hersteller machen.

Zum Beispiel VW mit dem Grand California auf Crafter Basis.
Ein nakter Grand California 600 (Frontantrieb) hat eine fahrbereite Masse von 3021 kg. Die Bezugsmasse ist also 3021 - 75 kg Fahrer + 100 kg pauschal = 3046 kg und somit größer als 2840 kg.
Trotzdem hat er eine Womo-Zulassung!

Hat er dann die Abgasklasse Euro VI von "schweren Nutzfahrzeugen" gemäß EG 595/2009? Die ist ja deutlich weniger streng als Euro 6 von PKW/leichten Nutzfahrzeugen.
#7
Gerade hatte ich die Antwort des Prüfers erhalten, dass die geforderten PKW-Schallemissionen tatsächlich nach aktuellsten Richtlinien hinfällig sind, da diese für M1-Fahrzeuge mit besonderer Zweckbestimmung (WoMo) nicht eingehalten werden müssen. Hier gelten wie beschrieben die Anforderungen des Basisfahrzeugs.

Jetzt der spannende Teil. Zusätzlich wurde mir mitgeteilt, dass durch die besondere Zweckbestimmung auch keine Bezugsmasse eingehalten werden müsste zur Erfüllung der Emissionsvorschriften. Dies sei jedoch erst seit neuestem so. Hat sich diesbezüglich evtl. etwas geändert? Leider habe ich keinen Zugang zum Merkblatt 740, welches scheinbar kürzlich zum 16.08.2022 neu aufgelegt wurde.
park4night_enjoyer gefällt dies
#8
Also: im Merkblatt 740 steht nichts von dieser Grenze. Weder im aktuellen, noch in den älteren Versionen.

Und ein Grand California hat eine normale "PKW"-Abgasklasse. Aktuell z.B. 36CI (= EURO 6d-TEMP-EVAP-ISC).

Odffensichtlich gibt es also eine Ausnahme für Womos...
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