Forum für Camper-Selbstausbauer!

Für angedachte, geplante, halbfertige und fertige Wohnmobilausbauten.

Tagebücher die den Camperausbau beschreiben
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#1
Wie Hinnerk unser wurde:

Der Herausforderung, einen Camper möglichst weitgehend selbst auszubauen, hatten wir uns erst nach vielen Recherchen im Handel und im Gebraucht-Fahrzeugmarkt gestellt. Irgendwas störte bei den Angeboten immer. Mal waren es die Ausbaumaterialien, mal das Platzangebot, mal der Preis. Also selber ausbauen - aber welches Fahrzeug?
Die gängigsten Basisfahrzeuge in der von uns gewünschten Größe (Fiat Ducato, Renault Master und Peugeot Boxer) waren in der beginnenden Coronakrise rar und so ganz genau wussten wir auch noch gar nicht, welches Fahrzeug welche Vor- oder Nachteile bieten würde. Sollte es Allrad-Antrieb haben oder lieber Front, Böten VW, Opel oder Mercedes eine bessere Basis?
Klar war uns eigentlich nur, dass Allround-Komfort nicht so wichtig wäre wie Zuverlässigkeit, Wendigkeit und zumindest eingeschränkte Alltagstauglichkeit. Also ein relativ kurzes Fahrzeug mit kurzem Radstand (kleiner Wendekreis), überschaubarer Höhe (Windanfälligkeit) und vieltausendfach bewährt. Nach einigen Besuchen bei Fahrzeughändlern war die Entscheidung letztlich klar: Ford Transit (das weltweit meistverkaufte Nutzfahrzeug) - möglichst in einer neuen Generation und ohne Allrad (weniger Verschleißteile) und wer will schon einen festgefahrenen Dreitonner bergen - also werden wir lieber etwas vorsichtiger im Befahren von unbefestigtem Untergrund sein.
Letztlich wurde es unser L2H2 mit Heckantrieb (die Stehhöhe ist für mich (knapp 1,90m) nicht üppig aber unter der Dachhaube geht es.

Aber bevor ich das testen konnte, waren einige Hindernisse zu überwinden:
Erste Besichtigungsfahrt ins dreihundert Kilometer entfernte Frankenland. Der könnte es werden: Fahrzeug sieht ganz okay aus, Bremsen schleifen etwas aber sonst keine Macken bei der Probefahrt, Preis passt, Abholtermin ginge klar am kommenden Wochenende. Rückfahrt. Rückfrage beim Vorbesitzer ergab auch keine schwerwiegenden Vorkommnisse (soweit man einer Aussage am Telefon trauen kann). Also wird er´s wirklich.
Abholfahrt mit meiner lieben Frau: Nach einigen Dutzend Kilometern plötzlich keine Leistung mehr auf der Autobahn. Mit 70 bis zur nächsten Ausfahrt, Parkmöglichkeit und Diagnose: Der Turboschlauch ist geplatzt. In der Nähe ist ATU - aber: Keine Ersatzteile, lieber Fachwerkstatt anfragen. Ford-Händler in Bamberg sagt ja, können wir machen aber nicht mehr heute. Ersatzteil muss bestellt werden. Also Rückfahrt ohne ihn und in der kommenden Woche wieder gen Süden, Hinnerk abholen.
Teil ist ausgetauscht, Rechnung bezahlt, Abfahrt nach Hause. Kurze Zeit später: Plattfuß vorne rechts und das Bordwerkzeug ist nicht da wo es eigentlich sein sollte. Später haben wir es gefunden aber so: ADAC-der gelbe Engel. Immerhin war ein Reserverad da und der gute Mann vom ADAC konnte auch den Spezialverschluss der Aufhängung lösen. Meine Frau sagt: "Der will nicht zu uns". Aber dann hat es doch noch geklappt an diesem Tag und ohne weitere Zwischenfälle.

Hinnerk steht vor der Tür - halt, den Namen hat er noch gar nicht, der kommt erst später aber egal:
So sieht´s im Laderaum aus. War halt als Werkstattwagen unterwegs:

Fortsetzung folgt
Gruß
peter
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Slap, ChrisChris, Popeline und 1 andere gefällt dies
#2
Alles raus was stört, drin bleibt nur was passt:
Da steht er nun. Hmm, die Seitenwandverkleidungen sehen ganz schön übel aus. Schleif- und Kratzspuren, an einer Stelle auch mal ein größeres Loch und teilweise Schimmelflecken - also komplett raus und gar nicht erst den Gedanken aufkommen lassen, dass da etwas weiterverwendet werden könnte. Die durch den Boden und an der Trennwand verschraubten Werkstattmöbel machen sich in der Garage besser - also raus. Die Zurrschienen und -ösen brauchen wir nicht - raus.
Für die gewünschte Durchstiegsmöglichkeit zwischen Fahrerhaus und Wohnbereich musste auch die Trennwand weichen. Beim Transit kein Problem, da komplett verschraubt. Die Bodenplatte war erstaunlicherweise noch ganz ordentlich in Schuss aber natürlich ohne Dämmung verlegt - also auch raus aber mit der Option sie entweder als Schablone oder auch als "neue" Bodenplatte noch zu verwenden. Das war ein bisschen schwieriger, da auch hier Zurrösen eingelassen und im Bodenblech vernietet waren. Einzige Möglichkeit: Aufbohren und hoffen, dass die restlichen abfallenden Teile keinen Schaden stiften (das gleiche Problem gab´s bei den seitlichen Zurrösen).

Was hatte der Werkstattwagen noch so drin und soll bleiben?
Fahrersitz und Doppelsitzbank sollen bleiben, damit auch mal eine dritte Person mitfahren kann (die kann ja dann im Zelt übernachten;-)).
Fahrer- und Beifahrerairbag (der war meiner Frau wichtig).
230V/150W-Anschluss zwischen den Sitzen (zumindest eine Möglichkeit mal ein Ladegerät mit Netzstecker einzustecken)
Doppelte Fahrzeugbatterie unter dem Fahrersitz (wohl eine werkseitig georderte Zusatzausstattung)
Der Himmel im Fahrerhaus (vielleicht hätten wir ihn aber doch der besseren Dämmung halber zwischenzeitlich demontieren sollen)

Ach, außer zwei "Nacktfotos" auch noch einmal der Werkstattwagen ohne 90°-Drehung

Fortsetzung folgt
Gruß
peter
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#4
Da schließe ich mich @mic an. Und übertrage es mal auf eine Aussage meiner Frau. Sie sagt immer: Kinder die als Babies anstrengend waren gehen locker durch die Pubertät. Kinder die als Baby einfach waren sind in der Pubertät anstrengend. Genauso war es mit unseren beiden Jungs, wir hatten beide Versionen. Von daher: alles wird gut.

Liebe Grüße

Thorsten
Rico_KN gefällt dies
#6
Ausbauplanung - "So soll es werden":

Jetzt steht er da und kann gemessen werden. Länge ca. 3,00m, Breite gut 1,75m und Höhe unter den Querholmen 1,75m. Eins ist klar: Auf eine Nasszelle werden wir verzichten. Wo soll die auch hin, wenn neben einer voluminösen Schlaf- und Liegemöglichkeit auch noch Kochplatz, zwei Sitzmöglichkeiten, Tisch, Staumöglichkeiten, Wassertank, Toilette, Heizung, Aufbaubatterien, und und und... untergebracht werden müssen.
Die Liegewiese muss also wenigstens verstaubar sein und etwas Bewegungsraum freigeben. Das heißt zwar immer wieder umbauen aber so ist es für uns das kleinere Übel gegenüber schlechtem Schlafkomfort. Also planen wir mit 2,00 x 1,40m mit ordentlicher Stärke, in drei stapelbaren Teilen auf einem Rollrost, der auf der Küchenzeile und einer gegenüberliegenden Arbeitsfläche aufliegen kann. Darunter beidseits Stauschränke und in der Mitte ein Heckauszug.
Alle weiteren Details entwickeln sich dann so nach und nach auch nach den Maßen der Einbauprodukte.
Hier mal meine Skizzen, die nach und nach ergänzt und teils auch nachträglich angepasst wurden:

Fortsetzung folgt
Gruß
peter
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calalalaudio, ChrisChris gefällt dies
#8
Welche Technik?

Einfach soll sie sein, funktionieren, möglichst wenig Platz einnehmen und auch noch möglichst wenig wiegen. Ganz schön viele Anforderungen, die da zu erfüllen sind und dann auch noch teilweise Neuland. Weder meine Frau noch ich sind Elektriker oder Installateure. Immerhin können wir wenigstens mit Holz und Säge, Nadel und Faden, Pinsel und Farbe und ein bisschen auch mit Metall ganz ordentlich umgehen - aber welche Technik wollen wir und wie bekommen wir die passend eingebaut???

Heizung:
Brauchen wir, denn immerhin sind auch Fahrten in den hohen Norden oder nicht nur im Sommer geplant. Zumindest dreivierteljahrestauglich soll er schon werden, der Hinnerk. Dass er kein Wintermobil wird, ist uns aber klar. Gasheizung hat sicher Vorteile, wenn man Platz für die Flaschen hat, Zwei müssten es dann schon sein - nee, Diesel geht auch und den haben wir ohnehin immer dabei. Da ohnehin keine Innendusche und Warmwasser auch mal auf dem Kocher gemacht werden kann, wird uns wohl eine Luftheizung reichen und für den relativ kleinen Kasten eine mit 2kW Leistung. "Wenn die Russen eins können, dann Heizungen bauen" hatten wir irgendwo gelesen und der Gedanke gefiel uns. Also die Aerotherm 2D (ehemals Planar). Einbau unter dem vorderen der beiden Wohnraumsitze mit Luftansaugung aus dem Fahrerhaus und Warmluftverteilung in den Wohnbereich und vor die Hecktüren (unter die Liegefläche). Den Kraftstoffanschluss haben wir wie alle direkten Eingriffe in die bestehende Fahrzeugtechnik in der Werkstatt machen lassen.

Wasser:
Brauchen wir auch, zum kochen, trinken, waschen. Zwei Personen ohne Dauerduschanspruch sollten doch mit so etwa 80 bis 100Liter Frischwasser locker eine Woche auskommen, oder? Hmm, kostet aber auch Platz und bringt Gewicht. Der Frischwassertank sollte schon möglichst im Inneren eingebaut sein, damit es nicht gleich Eis gibt, wenn mal eine Nacht kälter wird. Schließlich haben wir uns für die kleinere Variante mit 80 Liter entschieden, weil der Küchenblock sonst doch gefährlich lang werden würde und damit der Einstieg...Tauchpumpe rein und Anschluss an den Wasserhahn im Spülbecken - fertig. Damit die Leitung kurz bleibt, kommt der Tank direkt unter die Spüle. Geduscht wird halt draußen mit einem Wassersack an der Hecktür.
Wo geht es dann hin, wenn nicht verdunstet oder getrunken? Also Abwassertank. Der muss nicht alle 80 Liter aufnehmen können. Einen passenden, flach bauenden Tank zur Unterflurmontage längs seitlich neben dem rechten Schweller mit 65 Liter haben wir gefunden und, weil die Montage ohne Hebebühne im Winter draußen murks wird, von der Werkstatt montieren lassen. Da kam auch gleich ein Hitzeschutzblech zum Katalysator mit dran, damit der TÜV nicht mäkelt.

Strom:
Schwieriges Thema, auch sicherheitsrelevant und sensibel. Erst nach vielen, vielen Besuchen auf YT und einigen Büchern war wirklich klar, wie wir es selber hinbekommen. Hier ein Paar Eckdaten:
Alle Kabel als flexible Litzenkabel, Querschnitte penibel gemäß Tabellen und Vorgaben in Leerrohren, Zentraler Hauptschalter (außer Heizung - die verträgt das nicht gut), separate Absicherung aller Stromkreise, Landstromeinspeisung mit Erdungsanschluss und eigener FI-Absicherung (Baustromverteiler), 2x100Ah AGM Aufbaubatterien, 2x 100W Offgridtec Solarpaneele, Steuereinheit Votronic VBC und die zentrale Verteilung als Einschubplatte unter einem Sitz, so dass die ganze Verkabelung nicht in einer dunklen Ecke erfolgen muss, sondern im Hellen und dann das fertig verdrahtete Stück komplett eingeschoben (und auch wieder herausgezogen) werden kann.

Uups, das wird zu lang. Ich breche hier erst mal ab.
Fortsetzung folgt
Gruß
peter
#9
Der Toto hat geschrieben: vor 2 Jahre Saubere Maßketten, bist Du Bauzeichner oder so? :slight_smile:
Ne, das nicht aber Architekt (oldfashioned).
peter
Der Toto, svenotzer gefällt dies
#10
Von innen nach außen - "Die Hülle"

Öffnungen:
Gemäß der groben Raumaufteilung und Orgaplanung ergeben sich dann auch eigentlich alle Löcher in der Karosserie. Fenster und Haube, damit es hell und freundlich wird (und ich wenigstens an einer Stelle aufrecht stehen kann). Der Wassereinfüllstutzen, die Kabeleinführung der Solarpaneele und der Landstromanschluss. Es tut schon weh, wenn die ersten Löcher gebohrt und gesägt werden aber das werden wir schon wieder dicht bekommen.

Bodenaufbau:
Die alte Bodenplatte ist tatsächlich noch verwendbar und muss nur am Einstieg seitlich angepasst und ergänzt werden. Damit das Ganze tragfähig, einigermaßen gedämmt und dicht wird haben wir uns für einen Mixaufbau aus Armaflex zwischen Tragleisten, einer zusätzlichen Dampfsperre direkt darüber und einen durchgehenden PVC-Belag entschieden. Einmal komplett verlegt und an allen Fugen nochmal mit Dichtkleber angeschlossen.

Möbelfixierung, Dämmung und Verkleidungen:
Auf der Bodenplatte und an zusätzlichen Schraubleisten, die beidseits mit der Karosserie verklebt und verschraubt sind, sollen alle Möbelteile befestigt werden. Zwischen die Schraubleisten kommt 19mm Armaflex. Um eine sinnvolle Oberflächenbekleidung haben wir lange ringen müssen. Hell und freundlich soll es ja werden aber es muss auch einigermaßen stabil sein. Letztlich sind wir auf ein Produkt gestoßen, dass wir bisher noch nirgends erwähnt fanden: Ein thermoplastisches, weil mit Kunststoff getränktes Baumwollgewebe aus dem Modellbau namens Modulex. Nicht ganz preiswert aber dafür dreidimensional durch Wärme (Föhn) verformbar und anschließend auch auf der weichen Armaflexdämmung recht formstabil. Als Endoberfläche kam dann auch noch (elastisches Jersey-Gewebe drüber, das meine Frau mit Latexfarbe weiß gestrichen hat. Wir finden: Eine tolle Möglichkeit gerade an den gewölbten Teilen um die Holme, Traversen und Fensterausbuchtungen. Der Himmel bekommt weiß lasierte Birkensperrholzplatten unter die Dämmung und das nur zwischen den Traversen, um die Stehhöhe möglichst nicht weiter einzuschränken.

Fortsetzung folgt
Gruß
peter
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